Gastbeitrag von „gittaa“ (geschrieben 26.04.2023)
14. Mai 2023 (Redaktion)
Das digitale Zentralbankgeld
Wie der Börsennachrichtendienst ‚Dow Jones News‘ kürzlich mitteilte, untersucht die EZB derzeit in einer dritten Entwicklungsphase, wie ein Digitaler Euro aussehen könnte. Bis Oktober soll dieser Prozess abgeschlossen sein. Dann wird der EZB-Rat eine grundsätzliche Entscheidung treffen, wobei schon heute klar ist, dass führende EZB-Vertreter sich offen für die Ausgabe eines digitalen Zentralbankgeldes durch die EZB ausgesprochen haben. Die genaue Planung bzw. auch die Umsetzung des Digitalen Euro soll ab Oktober beginnen.
Müssen wir jetzt in Deckung gehen? Sollen wir einüben, wie man Dienstleistungen und Güter untereinander tauscht, statt sie zu bezahlen? Wäre es hilfreich, ein kleines Ledersäckerl mit Silbermünzen und ein paar Goldstücken zu besitzen?
Zur Beruhigung des ein oder anderen Lesers sei zunächst gesagt: Die EZB möchte Geschäftsbanken und Finanzdienstleistern eine entscheidende Rolle bei der Nutzung des Digitalen Euros übertragen; letztlich sollen diese ihn auch ausrollen. Das neuartige Zentralbankgeld soll den Einwohnern des Euroraums, Händlern und Regierungen, über Apps bereitgestellt werden. Es ist vorgesehen, das Geld in „Wallets“ zu verwahren, das auch eine Offline-Nutzung ermöglicht, so dass – wenn keine Internetverbindung zur Verfügung steht – das Geld von einem zum anderen gereicht werden kann. Bürger, die nicht im Euroraum ansässig sind, benötigen zur Nutzung des neuen Geldes ein Konto bei einem im Euroraum ansässigen Finanzdienstleisters. In der Regel ist dies eine Bank.
Weitere Versionen sehen vor, Personen außerhalb des Euroraums, nach noch zu bestimmenden rechtlichen Regeln, einzubeziehen. Die beaufsichtigten Intermediäre – also die Banken, die die Digitale Währung ausrollen – müssen den Endnutzern obligatorische Kerndienstleistungen anbieten, könnten aber auch unterschiedliche, ergänzende Dienstleistungen erbringen. Digitale Währungen anderer Zentralbanken sollen währungsübergreifend ebenfalls angeboten werden. Es könnte eine App des Eurosystems zur Verfügung gestellt werden, die einen harmonisierten Zugang zu allen Zahlungsdienstleistungen bereitstellt.
So weit, so gut: Ein digitales Zentralbankgeldkonto soll das leisten, was unser altes Konto kann. Zum sicheren Ausführen und Transfer aller Leistungen schlägt die EZB vor, bei der Verwendung des Digitalen Zentralbankgeldes im Sinne der Richtlinie über Zahlungsdienste, die sogenannte „Payment Services Directive“, in ihrer neueren Form zu verfahren (PSD2). Alle europäischen Staaten mussten bis zum Jahr 2018 diese Richtlinie in ihre jeweilige staatliche Gesetzgebung integriert haben. Dadurch wurde gewährleistet, dass der Online-Zahlungsverkehr sicher und schnell abgewickelt werden kann und die Authentizität der Vertragsparteien sichergestellt ist. Insbesondere können so auch SEPA-Überweisungen initiiert werden. Das PSD2-Gesetz und anschließende technische Sicherheitsvorschriften haben eine Reihe von Unternehmen hervorgebracht, die sich den notwendigen Techniken für Kontoinformationsdienstleistungen und Zahlungsauslösediensten widmen. Ganz vorne steht hier sicher Apple.
Im Zuge der mehrjährigen technischen Entwicklung sind inzwischen Biometrischen-OpenBanking-Authentifizierungs-Verfahren entstanden, die vielfach Anlass zur Sorge geben. Bildlich gesprochen, gaukeln die hier gesammelten Daten dem System vor, der Kontoinhaber würde persönlich am Bankschalter auftauchen. Die gespeicherten Daten könnten in Zukunft missbräuchlich – und ohne die Zustimmung des Originals – weiter mit anderen Daten verknüpft, verglichen, sortiert und bewertet werden, so dass viele Menschen eine Einschränkung ihrer Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit fürchten.
Planen, wie die EZB
Zum Glück wachen wir nicht schon morgen mit dem Digitalen Euro auf. Es bleibt also Zeit miteinander zu besprechen, wie man sich sinnvollerweise verhält, ob man auf die Straße geht und wie man seinen Protest formuliert. In einem weiteren Beitrag widme ich mich den weltweiten Entwicklungen des digitalen Zentralbankgeldes durch andere Notenbanken und deren Anwendungsversuchen. Vielleicht können wir etwas daraus lernen und für uns das richtige Verhalten daraus ableiten.
Anmerkung der Redaktion: Die Autorin ist Mitglied im Stadtverband Bielefeld und publiziert unter dem Pseudonym „gittaa“. Sie veröffentlicht seit 12 Jahren täglich einen kostenpflichtigen Letter, der aktiven bildungsinteressierten Lesern einen Ausblick auf Euro, Gold, den Ölpreis, DAX und die amerikanischen Indizes anbietet, regelmäßig einen Blick auf die asiatischen Börsen wirft und überhaupt verschiedene Themen und Zusammenhänge der Entwicklungen am Kapitalmarkt aufgreift. Der Inhalt ist an „Technischer Analyse“ orientiert, die als Abkömmling statistischer Verfahren betrachtet werden kann. Für dieBasis berichtet sie über aktuelle Entwicklungen in Sachen „digitale Währung“ .