Wenn Meinungsfreiheit auf Meinungsmeuchelei trifft

Ein Gastbeitrag von Patrick Krone

Wir saßen in einer Kneipe in Münster, ein paar Leute, ein Tisch, eine Anmeldung, Madsen schallt aus den Lautsprechern. Wir wollten reden. Über Politik, klar. Vor allem aber darüber, wie sich Menschen in Verbänden strukturell besser organisieren können – basisdemokratisch, unabhängig, frei. So banal, so grundlegend.

Ich bin Landesvorsitzender der Partei dieBasis in Nordrhein-Westfalen. Doch Bürger bin ich auch. Ich stehe dazu, weil ich in einem Land lebe, in dem ich das darf. Dachte ich.

Meinungsfreiheit

„Hätte vorher gesagt werden müssen, dass es politisch ist“

Nach dem Treffen kam die Bedienung. Sie wirkte wie eine Aktivistin im Kellnerinnenoutfit, die sich kurz daran erinnerte, dass sie eigentlich politisch korrekt agieren will, jetzt aber halt gerade Bier trägt. Sie meinte, wir sollten beim nächsten Mal sagen, dass es sich um ein politisches Treffen handelt. „Dann würde die Bestellung erst gar nicht angenommen werden.“

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Wer in Deutschland offen sagt, dass er über Politik sprechen möchte, dem wird der Zutritt verweigert – das Essen, das Bier. In einer Kneipe. Weil wir über Demokratie reden wollten.

Meinungsfreiheit: Artikel 5 Grundgesetz

Artikel 5 GG garantiert die Meinungsfreiheit. Sie gilt unabhängig davon, ob die Meinung bequem ist, populär oder systemkonform. Sie schützt auch die Meinung von Minderheiten. Sie schützt gerade auch die Meinung von Menschen, die in Kneipen darüber sprechen wollen, wie man sich politisch organisiert. Wer meint, das verbieten zu müssen, versteht das Grundgesetz nicht.

Wahlfreiheit bedeutet auch, dass man wählen kann, politisch aktiv zu sein

Artikel 38 GG garantiert die Wahlfreiheit. Sie endet nicht an der Wahlurne, sondern setzt sich im politischen Engagement fort. Jeder Bürger hat das Recht, sich politisch zu betätigen, sich zu engagieren, sich zu versammeln und öffentlich zu diskutieren – auch in einer Kneipe. Wer sagt: „Politik bitte draußen bleiben“, schneidet die Bürger von einem elementaren Teil ihres Rechts ab.

Wer sich politisch engagiert, darf nicht ausgegrenzt werden

Wir haben ein Problem, wenn es Menschen normal finden, politisch aktive Bürger aus Räumen der Öffentlichkeit zu verbannen, nur weil sie keine Ruhezone für unpolitischen Konsum stören wollen. Das ist nicht nur peinlich, das ist eine gefährliche Entwicklung. Wer politisch aktiv ist, wer mit anderen reden will, darf nicht ausgegrenzt werden – auch nicht, wenn es unbequem ist.

Extreme Meinungen sind auszuhalten

Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass wir nur über das Wetter oder den Tatort reden dürfen. Sie bedeutet auch, dass extreme Meinungen ausgesprochen und ausgehalten werden müssen, solange sie nicht strafbar sind. Das gehört zum demokratischen Diskurs. Wer sich davon persönlich beleidigt fühlt, muss das aushalten lernen oder sich mit Argumenten auseinandersetzen. Ausgrenzung ist keine Lösung.

Demokratie braucht den Wirtshaustisch

Die Demokratie lebt nicht nur im Bundestag, sondern am Stammtisch, in der Kneipe, im Verein. Da, wo Menschen reden, streiten, zuhören, widersprechen. Wer diese Räume politisch steril halten will, entzieht der Demokratie den Sauerstoff.

Was ich daraus mitnehme

Ich werde weiter hingehen. Ich werde weiter reden. Ich werde nicht darum bitten, meine Grundrechte auszuüben. Und ich erwarte von Gastronomen, die in einem freien Land wirtschaften, dass sie sich daran erinnern: Meinungsfreiheit endet nicht an der Kneipentür. Wer Politik verbieten will, verbietet Demokratie.