Gute Waffenlieferung – böse Waffenlieferung – warum wir uns nicht spalten lassen sollten

Ein Gastbeitrag von Holger Gräf

Als am 22. Februar 2022 der Krieg in der Ukraine begann, war für viele aus unserer Bewegung klar:
Wer Waffen in ein Kriegsgebiet liefert – an welche Seite auch immer – verlängert den Krieg, statt ihn zu beenden.

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Mit „uns“ meine ich jene, die sich schon während der Corona-Zeit gegen staatliche Übergriffigkeit und Grundrechtseinschränkungen gestellt hatten. Damals zeigte sich dreierlei:

  1. Wir forderten geschlossen, Diplomatie statt Waffenlieferungen einzusetzen.
  2. Ehemals linke und rechte Kräfte waren sich einig und konnten in dieser Bewegung gut zusammenarbeiten.
  3. Der Teil der Bevölkerung, der schon die Coronapolitik kritiklos akzeptiert hatte, stellte sich nun auch beim Thema Ukraine reflexartig auf die Gegenseite.

Ich fragte mich: War diese Spaltung von Anfang an beabsichtigt?
Frieden zu wollen ist ein natürlicher Reflex. Um Menschen für Krieg zu gewinnen, braucht es einen massiven weiteren Einfluss – und den lieferten die Medien, indem sie uns als „Schwurbler“ oder „Verschwörungstheoretiker“ diffamierten. Alles, wofür wir standen, galt automatisch als falsch. Wer als „guter Staatsbürger“ gelten wollte, durfte nicht unserer Meinung sein.

So jubelte man den immer neuen Waffenlieferungen an die Ukraine zu und übernahm das Feindbild „Putin“, während man sich einredete, er wolle ganz Europa erobern. Als Verteidigungsminister Pistorius im November 2023 erklärte, Deutschland müsse wieder „kriegstüchtig“ werden, störte es kaum jemanden, dass solche Worte zuletzt im Dritten Reich gefallen waren.

Am 7. Oktober 2023 begann dann ein weiterer Krieg – diesmal in Nahost. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel griff Israel den Gazastreifen an; der Krieg dauert bis heute an.

Und hier zeigte sich ein Bruch in unserer eigenen Bewegung:

Ein Teil hielt an der Haltung fest, dass Waffenlieferungen Kriege verlängern. Der andere Teil fand es nun völlig in Ordnung, wenn Deutschland Waffen an Israel liefert. Als Friedrich Merz jüngst ankündigte, dies beenden zu wollen, bezeichneten manche das als „antisemitisch“.

Da stellt sich die Frage: Ging es wirklich um den Wunsch nach Frieden – oder doch eher darum, „der eigenen Seite“ zum Sieg zu verhelfen? Ist es wirklich Pazifismus oder doch eher Parteilichkeit?

Meiner Einschätzung nach hängt die Haltung oft davon ab, welchen politischen Köpfen man folgt. Wer sich an Sahra Wagenknecht orientiert, sieht in Israels Vorgehen einen Genozid an den Palästinensern. Wer der AfD folgt, betont Israels Recht zur Verteidigung – und befürwortet dafür auch Waffenlieferungen.

Der Gazakrieg wurde so zur größten Bewährungsprobe des Widerstands. Weltweit spalteten sich zuvor geeinte Bewegungen und begannen, sich gegenseitig zu bekämpfen – teils mehr als den Staat, den man ursprünglich gemeinsam kritisiert hatte.

Das führte zu seltsamen Konstellationen: Jens Zimmer von Infrarot etwa empfahl wiederholt die AfD zur Wahl, steht nun aber vor dem Problem, dass diese in Israels Vorgehen keinen Völkermord sieht und Waffenlieferungen an Israel unterstützt – ähnlich wie die Grünen bei der Ukraine. Früher oder später wird jeder in der Bewegung Position beziehen müssen.

Dabei ist die Sache im Kern einfach: Wer Waffen in Kriegsgebiete liefert, gießt Öl ins Feuer. Er verlängert das Töten, statt es zu beenden. Das gilt für die Ukraine genauso wie für Israel. Wer Diplomaten nach Moskau schicken will, muss auch welche nach Nahost senden. Alles andere ist Messen mit zweierlei Maß.