Derzeit überschlagen sich die Mitglieder des BSW in den sozialen Medien mit Hoffnungen auf eine Neuauszählung der Stimmenergebnisse bei der Bundestagswahl 2025. Es scheint, als habe das BSW geschafft, woran zuvor andere Parteien – darunter auch dieBasis – gescheitert sind: eine erfolgreiche Anfechtung der bundesweiten Wahlergebnisse.

Tatsächlich fehlten der Abspaltung der Linkspartei, die sich offiziell erst im Januar 2024 gegründet hatte, nur 9.500 Stimmen beziehungsweise 0,019 Prozent, um die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden und in den Bundestag einzuziehen.
Vorweg möchte ich betonen, dass ich Fehler bei einer politischen Wahl – insbesondere bei der Bundestagswahl – grundsätzlich als unhaltbar empfinde. Die Pannen, die ich allein in den letzten sechs Jahren gesammelt habe, werfen ein desaströses Licht auf einen Prozess, der eigentlich den wichtigsten Eckpfeiler einer Demokratie darstellen sollte. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass mit dieser Verwaltungsarbeit recht nachlässig umgegangen wird, solange das Ergebnis „passt“.
Und natürlich muss es für das BSW mehr als bitter gewesen sein, wegen einer winzigen Nachkommastelle am Bundestagseinzug gescheitert zu sein.
Allerdings hängen an diesem Einzug enorme politische Veränderungen, die man im Blick haben sollte, bevor man in den Jubel des BSW einstimmt. Da wäre zum Beispiel der Umstand, dass die derzeitige schwarz-rote Koalition keine regierungsfähige Mehrheit mehr hätte. Friedrich Merz müsste sich also zwangsläufig nach einem weiteren Koalitionspartner umsehen – und dieser wäre mit großer Wahrscheinlichkeit die grüne Partei.
Das war vor der Bundestagswahl eine meiner größten Sorgen, denn auch wenn die AfD mehr Stimmen bekommen hätte, wäre es fast zwangsläufig zu dieser Koalition gekommen.
Im Ergebnis wäre lediglich eine schwache FDP durch eine wesentlich stärkere Union ersetzt worden. Eine „Ampel auf Speed“ sozusagen.
Der Umstand, dass das BSW den Einzug um Haaresbreite verfehlte, bewahrte uns also vor diesem Szenario – einem Szenario, das uns das BSW nun im Nachhinein doch noch bescheren könnte. Hauptsache, Sahra Wagenknecht & Co. sichern sich ihre heiß ersehnten Bundestagssitze. Alles andere scheint nebensächlich.
Für dieses Ziel unterstützte man auch schon die vorgezogenen Wahlen nach Kräften. Denn als eine Partei, die sich seit Jahresbeginn im unaufhaltsamen Sinkflug befand, war es nur eine Frage der Zeit, bis sie die Fünf-Prozent-Hürde sicher verfehlt hätte. Tatsächlich war es schon zwei Wochen später so weit. Seither liegt das BSW in praktisch allen Umfragen bei maximal vier Prozent, meist darunter. Mit anderen Worten: Heute würden die Wähler das BSW nicht mehr in den Bundestag wählen. Das verbissene Pochen auf den Einzug wirkt daher ein wenig befremdlich – zumal die reguläre Wahl ja eigentlich erst im September stattfinden sollte. Nicht, weil man die Auszählungspannen dulden sollte, sondern weil ein Einzug des BSW alles nur noch viel schlimmer machen würde, als es ohnehin schon ist und die ca. 30 Kandidaten, die einziehen würden, auch einfach freiwillig, zugunsten des Friedens, verzichten könnten.
Der Sinkflug des BSW erklärt sich übrigens weniger aus seinem Verhalten bei den Ostwahlen, sondern vielmehr daraus, dass die Medien kurz vor der Wahl die Linke wiederentdeckten und dieser jene Aufmerksamkeit schenkten, die zuvor das BSW genossen hatte. Und ohne ständige Präsenz in den Schlagzeilen klappt es nun einmal nicht mit den Stimmen.
Doch zurück zur schwarz-rot-grünen Regierung:
Es gäbe noch eine weitere Option für Friedrich Merz, vor der ich mich sogar mehr fürchte als vor einer grünen Regierungsbeteiligung. Die Union könnte sich der AfD annähern. Viele AfD-Anhänger sehnen sich nach dieser Option – doch auch hier sollte man sich bewusst machen, was in einem solchen Fall auf uns zukäme. Insbesondere auch in dem Hinblick, dass sich die AfD in einem solchen Szenario in einer denkbar schlechten Verhandlungsposition befände.
Zunächst einmal wäre eine solche Koalition das sofortige Ende jeder ernsthaften Aufarbeitung dessen, was uns im Rahmen der Corona-Maßnahmen angetan wurde. Man kann nicht die Hälfte der Fraktionsmitglieder seines Koalitionspartners vor Gericht stellen wollen. Und man kann die Verantwortlichen der unterschiedlichen Parteien nicht mit zweierlei Maß behandeln. Wenn Jens Spahn Straffreiheit genießt, dann auch Karl Lauterbach.
Doch das ist womöglich noch das kleinere Übel. Falls die AfD mitregiert und womöglich sogar den Kanzler stellt, droht eine andere Gefahr: Die AfD ist keineswegs jene Friedenspartei, für die sie viele ihrer Anhänger halten. Den Friedensmantel legte sie sich mit Beginn des Ukrainekriegs nur lose um – einerseits als prinzipielle Gegenposition zur Bundesregierung, andererseits, weil es politisch opportun erschien. Zudem könnte es längst zu spät sein, den eingeschlagenen Kriegsweg zu verlassen.
Und sollte Deutschland in einen weiteren Krieg verwickelt werden, braucht es anschließend einen Schuldigen, der geopfert werden kann. Wer böte sich da besser an als die, noch recht junge AfD? Hatte man nicht immer schon davor gewarnt, dass mit den Rechten der Krieg komme?
Dem BSW, das sich derzeit als DIE Friedenspartei inszeniert, kann am Frieden in Wirklichkeit nicht viel liegen, wenn es eine solche Entwicklung begünstigt – nur, weil seine Kandidaten unbedingt in den Bundestag einziehen wollen. „Nach mir die Sintflut“ trifft es wohl am besten.
Schaut man unvoreingenommen auf die Parteienlandschaft und die politische Diskussion, könnte man beinahe zu dem Schluss kommen, dass allein dieBasis es tatsächlich ernst mit dem Frieden meint – ohne Kalkül und ohne Streben nach eigenen Vorteilen. Aber leider auch mit viel zu wenig (nämlich gar keiner) Unterstützung seitens der Medien und somit praktisch chancenlos. Bisher zumindest.