Ein Gastbeitrag von Holger Gräf
Die meisten Menschen glauben, gut informiert zu sein – umfassend oder zumindest ausreichend, um sich ein Bild von der Welt machen zu können. Doch stimmt das wirklich?
Lust auf ein kleines Experiment, mit dem Du herausfinden kannst, wie weit Dein bewusster Blick auf die Welt tatsächlich reicht?
Dann los.

Was meinst Du – wo findet aktuell die größte humanitäre Katastrophe der Welt statt?
Vermutlich denkst Du an Gaza, Syrien oder Afghanistan. Vielleicht auch an die Ukraine oder den Iran. Kein Wunder – diese Regionen begegnen uns ständig in den Medien. Greta Thunberg engagierte sich angeblich für die humanitäre Lage in Gaza. Flüchtlinge kommen vor allem aus Syrien und Afghanistan – heißt es.
Doch in Wahrheit ereignet sich seit 2023 im Sudan die mit großem Abstand schlimmste humanitäre Katastrophe weltweit. Fast unbeachtet. Kaum jemand spricht darüber, es gibt kaum Flüchtlingsbewegungen von dort, keine Rettungsschiffe, keine NGOs, keine Regierungsprogramme – keine öffentliche Debatte. Auch prominente Stimmen wie Heidi Reichinnek oder Greta Thunberg schweigen.
Nur weil etwas geschieht bzw. wahr ist, heißt das noch lange nicht, dass es für unsere Wahrnehmung eine Rolle spielt.
In der täglichen Informationsflut geht der Sudan schlicht unter. Nicht, weil er komplett verschwiegen würde – sondern weil er medial kaum auffällt. Er wird von unseren Wahrnehmungsfiltern aussortiert.
Und wie sieht es mit jenen Themen aus, die zwar laut, aber nur kurz in den Medien präsent sind?
Noch eine Frage: Erinnerst Du Dich an den britischen Tech-Milliardär, der im Sommer 2024 mit seiner Yacht tödlich verunglückte? Und weißt Du noch, wo das war?
Nicht schummeln – nicht googeln!
Es war eine der meistbeachteten Nachrichten im August 2024; kaum ein Medium – ob Leitmedien oder alternativ – berichtete nicht darüber. Die Umstände waren rätselhaft: Zeitgleich kam auch der Finanzchef des Milliardärs bei einem Autounfall ums Leben. In alternativen Medien kursierten Spekulationen über ein mögliches Komplott im Umfeld von Hewlett Packard.
Der Mann hieß Michael Lynch. Das Unglück geschah vor der Küste Siziliens. Erinnerst Du Dich jetzt?
Warum hast Du das fast vollständig vergessen – obwohl es damals als „wichtiges Puzzlestück“ erschien?
Offenbar war es nur für den Moment relevant. Heute spricht kaum noch jemand darüber, kaum jemand fordert Aufklärung.
Und das ist kein Einzelfall. Es gibt unzählige solcher Themen: kurz präsent, dann aus den Medien – und aus dem kollektiven Gedächtnis – verschwunden.
Die Medien lenken die Wahrnehmung
Unsere Wahrnehmung wird durch Medien nicht nur beeinflusst, sondern gezielt gelenkt. Sie bildet nur ein winziges Fenster der Realität ab – egal ob Du Dich auf Mainstream- oder alternative Medien stützt. Denn Letztere spiegeln oft nur die Themen des Mainstreams, wenn auch mit anderer Bewertung.
Zwischen Skandalen, Krisen und Aufregern – meist mit kurzer Halbwertszeit – drängen sich immer auch Nachrichten über Parteien. Diese sind omnipräsent, werden täglich wiederholt und tragen maßgeblich zur Meinungsbildung bei. Sie sind ursächlich für die Stimmenanteile bei Wahlumfragen oder Wahlen. Doch auch hier: Die Auswahl ist nicht vollständig, sondern gezielt.
Parteien, die nicht erwünscht sind, kommen in den Medien kaum vor. So wenig wie der Sudan. Oder Michael Lynch. Beides verschwindet aus der Wahrnehmung – fast spurlos.
Beispiele gefällig?
Ca. sechs Wochen vor der Bundestagswahl nahmen die Mainstreammedien die Linke wieder in ihre Berichterstattung auf, nachdem sie sie zuvor jahrelang sehr stiefmütterlich behandelt hatten. Die Folge: Die Linke stieg bei der Wahl von 4,9 % auf 8,8 %. Legt man die letzten Umfragewerte zugrunde, wird es noch deutlich: Dann stieg sie von 3 % auf fast 10 %.
Die Partei dieBasis, die bei der letzten Bundestagswahl eigentlich das „Zünglein an der Waage des Politikwechsels“ hätte sein können, indem sie die jetzige (wie auch alle anderen „weiter so-Koalitionen“) hätte blockieren können, wurde konsequent verschwiegen. Mit der Folge, dass sie lediglich 0,2 % der Stimmenanteile erhielt… und es dementsprechend zur schwarz-roten „weiter so-Koalition“ kam.
Bei der bevorstehenden Landtagswahl in Sachsen-Anhalt bahnt sich das gleiche Desaster an. Hier einmal ein Beitrag aus den alternativen Medien dazu:
Zitat: “ Eine Koalition aus CDU und AfD hätte eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Mandate im Landtag. Für andere Konstellationen würde die CDU zwei weitere Partner benötigen.“
Klingt nach einer ziemlich sicheren Regierungsbeteiligung der AfD, oder? Das heiß… wenn sich die CDU nicht einfach ihre zwei Partner sucht. Kleiner Tipp: Natürlich wird sie das tun.
Im ersteren Fall dominiert das Prinzip Hoffnung; im letzteren die Strategie. Diese erfordert aber die Aufnahme der dieBasis-Partei in die Berichterstattung. Und das scheint wiederum schwierig.
Und nun frage Dich: Warum ist das so? Und kannst Du Deiner Wahrnehmung überhaupt trauen?