500 Jahre Bauernkriege – Der Ruf nach Freiheit hallt weiter

Ein Gastbeitrag von Frank Bothmann

Die Freiheit der Vielen – Vom Bauernaufstand zur Demokratie

Wenn wir in diesen Tagen an das 75-jährige Bestehen unserer Landesverfassung von NRW erinnern, macht es auch Sinn an einen anderen Jahrestag zu erinnern. Vor 500 Jahren fand die erste bürgerliche Revolution in Deutschland statt, die heute mit dem Begriff des „Bauernkrieges“ benannt wird. In dieser Zeit, die geistig von der aufkommenden Reformation geprägt war, entstanden durch die Bauern erste Ideen für universelle Menschenrechte und Prinzipien für eine demokratische Verfassung von „Landschaften“. Die Ideen und Wünsche der Bauern von damals waren ihrer Zeit jedoch weit voraus.

Bauernkriege

Die Gesellschaft zur Zeit der Reformation

Der Bauernprotest fand in den Jahren 1524/25 im deutschsprachigen Raum statt und breitete sich, ausgehend von Süddeutschland, nach Mitteldeutschland und in die heutige Schweiz und Österreich aus. Die Bauern begehrten gegen eine Reihe von Missständen auf. Ursache war das erstarrte System der Landesherren in Verbindung mit dem unchristlichen Verhalten der Kirchenoberen, die als damalige „Eliten“ die Bauern mit hohen, vielfältigen und demütigenden Steuerzahlungen (der „Zehnt“) existentiell belasteten, jedoch selbst ein hohes Maß an Wohlstand horteten.

Der Protest richtete sich gegen Willkür, denn die Obrigkeiten der Kirche und der Landesherren übten eine willkürliche Rechtsprechung aus, verboten Heiraten und Wegzug, erhoben hohe Abgaben im Todesfalle von der Hälfte des Besitzes und manifestierten damit Armut und Abhängigkeit der Bauern. Es war auch die Zeit des Ablasshandels der Kirche, um zusätzliches Geld von den Gläubigen einfordern zu können.

Das große Ziel der Bauern war Freiheit, womit die Befreiung von der Leibeigenschaft gemeint war.

Die Zeit war auch geprägt durch neue Bergbautechniken, die für Wohlstand sorgten, etablierte und wachsende Städte boten neue und zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten und bildeten den Rahmen für große Umbrüche. Auf geistiger Ebene wendete sich die Reformation unter Martin Luther gegen die unchristliche Kirche und vermittelte Predigten in deutscher Landessprache. Wenige Jahre vorher war der Buchdruck erfunden worden, der es ermöglichte, Predigten zu vervielfältigen und damit weiträumig einen Gedankenaustausch zu pflegen.

Formulierung universeller Menschenrechte

Die Proteste der Bauern hatten erstaunlicherweise auch einen intellektuellen Hintergrund. Die Bauern und ihre geistigen Führer formulierten Ideen für eine demokratische Organisation von Stadt und Land. Mit dem Protest gegen die Leibeigenschaft wurden erstmals allgemeine Menschenrechte niedergeschrieben.

Die Bauern sammelten sich in sogenannten „Haufen“ in dem sie durch ihre Landschaft zogen. Um sich zu organisieren, wurden erste Formen eines demokratischen Miteinanders erprobt. Die Bauern sammelten sich im „Ring“, um gemeinsam Strategie und Aktionen zu beraten. Sie kamen zusammen als Bewohner einer Landschaft und nannten den Tag der Versammlung, den „Landtag“.

In diesen Versammlungen entstanden Dokumente mit Forderungen für ein gerechtes Miteinander. Das bekannteste Dokument sind die „12 Artikel von Memmingen“.

Im Februar 1525 verfassten die Bauern im oberschwäbischen Memmingen um Sebastian Lotzer und Christoph Schappeler die „Zwölf Artikel der Bauernschaft“, die ihre sozialen, wirtschaftlichen, rechtlichen, politischen und religiösen Forderungen bündelten.

Die Bauern verlangten darin die Aufhebung der Leibeigenschaft, die Abschaffung von Frondiensten und Abgaben, die Rückkehr zu alten Freiheiten und Rechten (Jagd, Fischfang und Holzeinschlag) sowie die freie Wahl des Pfarrers. Die Artikel erreichten als Flugschrift eine weite Verbreitung im gesamten deutschsprachigen Raum, wurden zahlreichen Gemeinden zum Vorbild und gelten als eine der ersten niedergeschriebenen Forderungen nach Menschen- und Freiheitsrechten (Zitat).

Wenn man das heute liest, kann man über die Weitsicht der Bauern von Memmingen nur staunen. Sie listeten bereits vor 500 Jahren all das auf, was wir heute beispielsweise im Arbeitsrecht und in der Sozialgesetzgebung regeln – unter der Maßgabe der Menschenwürde und Gleichberechtigung.

Umbruch und Niederschlagung

Der geistige Anführer der Bauernaufstände war Thomas Müntzer. Er hat die Gedanken der Reformation zu einem gewaltsamen Widerstand gegen die Obrigkeit weiterentwickelt. Durch den Aufstand wurden Klöster, Burgern, Städte gestürmt und unter die Verwaltung der Bauern gebracht. Die Aufstände breiteten sich, ausgehend vom heutigen Süddeutschland, bis in die Schweiz, Österreich und nach Mitteldeutschland aus.

Das Establishment der Fürsten hatte spät, aber energisch eine Soldatentruppe aufgestellt und von Süddeutschland ausgehend in verschiedenen Schlachten die aufständischen Bauern niedergerungen.

Die entscheidende Schlacht fand am 15.5.1525 in Bad Frankenhausen statt – mit einer vernichtenden physischen Niederlage der Bauern und der Festnahme von Thomas Müntzer, der wenige Tage später nach Folterungen hingerichtet wurde.

Die Bauernkriege sind durch die teilweise gewaltsamen Aktionen der Bauern, mehr jedoch durch die blutigen Schlachten und, nach dem Sieg der Obrigkeit, durch deren Racheakte in das kollektive Gedächtnis eingedrungen. Die Verluste an Menschenleben waren enorm und haben viele Dörfer und Städte sehr stark belastet.

Erinnerungskultur und Erfolge

Es lohnt sich an die damaligen Geschehnisse zu erinnern, da es viele Parallelitäten gibt, aus den wir lernen können und aus denen wir Kraft für unser Ringen um bürgerliche Freiheit gewinnen können:

– es war ein Aufstand des „Gemeinen Mannes“ – also Bauern, Bürger, Handwerker

– das Willkürgehabe der Landesfürsten führte zu irrsinnigen Abgaben,

– die Forderung nach Freiheit und einer gerechten Rechtsprechung.

All das kommt uns mit Bezug zur heutigen Zeit sehr bekannt vor. Unser geltendes Recht wird nicht eingehalten, die Grundrechte stehen überall zur Disposition, die Steuerbelastung ist hoch und die Bürger von Stadt und Land werden mit unzähligen unnützen Verordnungen, Regelungen und Gebühren überzogen.

Die „Obrigkeit“ damals wie heute, ist unfähig ein Staatswesen zu organisieren und regiert massiv in das Leben der Menschen hinein, es werden beliebig Steuern (wie die CO2-Abgabe) erhoben oder sogar Wegzugssteuern erfunden.

Der Bauernaufstand wurde gewaltsam mit unzähligen Toten niedergeschlagen, aber der Ruf nach „Freiheit“ und Abschaffung der Leibeigenschaft hatte Erfolg.

In den einzelnen Fürstentümern wurden in den jeweiligen „Landesordnungen“ Stück für Stück die Leibeigenschaft abgeschafft und der Wegzug in Städte war frei möglich, die Heirat war frei, und die hohen Erbschaftssteuern wurden abgeschafft und damit die feststehende Verarmung und Abhängigkeit der Bauern.

Wenn wir heute für eine bürgerliche Freiheit und für die Grundrechte einstehen, dann müssen wir weiterhin deren Einhaltung umfassend einfordern und diese auch wirklich umfassend verstehen. Wir müssen einen Freiheitsbegriff für die bürgerliche Freiheit definieren. Dieser kann nach J.J. Rousseau lauten „Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern dass er nicht tun muss, was er nicht will“.

Grundrechte wie Würde, Meinungsfreiheit, Freizügigkeit, freie Berufswahl, Gleichheitsgrundsatz und insbesondere die freie Entfaltung der Persönlichkeit sind universell.

Geschichte wiederholt sich, weil sie von Menschen gestaltet wird. Das Erinnern ist wichtig, um aus Geschichte lernen zu können.

Quellen:

– Roper, Lyndal, Für die Freiheit, Fischer Verlag

– Blickle, Peter, Der Bauernkrieg – Die Revolution des Gemeinen Mannes, C.H.Beck

Links:

– Thüringer Landesausstellung, www.bauernkrieg2025.de/de

– Veranstaltungen in Bad Frankenhausen: https://bad-frankenhausen.de/500-jahre-bauernschlacht/

– Panorama-Museum Bad Frankehausen, www.panorama-museum.de

– UFFRUR! Utopie und Widerstand im Bauernkrieg 1524/25, www.bauernkrieg-bw.de/uffrur-ausstellung