De-Campaigning: Wie man Parteien schwächt, ohne selbst stark zu sein

Ein Beitrag von Patrick Krone

In der politischen Kommunikation gibt es viele Strategien, um Einfluss auf den Meinungsbildungsprozess zu nehmen. Eine besonders subtile, zugleich aber auch gefährliche Form ist das sogenannte De-Campaigning. Anders als im klassischen Wahlkampf, bei dem Parteien sich selbst positiv darstellen, zielt De-Campaigning darauf ab, politische Gegner gezielt zu schwächen – häufig, ohne eine konstruktive Alternative zu präsentieren. Besonders kleine Parteien sind anfällig für diese Taktik.

De-Campaigning

Was ist De-Campaigning?

De-Campaigning bezeichnet das strategische Untergraben des Vertrauens in eine Partei oder Person, ohne dabei eigene politische Stärken oder Lösungen in den Vordergrund zu stellen. Ziel ist es, die Wahlentscheidung der Bürger zu beeinflussen – nicht durch Überzeugung, sondern durch Verunsicherung. In vielen Fällen führt das dazu, dass Menschen der Politik insgesamt misstrauen oder gar nicht mehr wählen gehen. Nutznießer sind oft Parteien mit einer festen Stammwählerschaft, da sich deren Anteil relativ erhöht, wenn andere demotiviert werden.

Typische Methoden des De-Campaigning

In der Praxis äußert sich De-Campaigning durch eine Vielzahl gezielter Kommunikationsstrategien:

  • Skandalisierung: Fehler oder Schwächen des politischen Gegners werden überproportional hervorgehoben.
  • Framing: Der Gegner wird in ein negatives Deutungsraster eingeordnet, etwa als „extrem“, „unfähig“ oder „gefährlich“ – unabhängig vom tatsächlichen Inhalt.
  • Diskreditierung durch Humor: Satirische Inhalte oder Memes verfestigen negative Assoziationen.
  • Gerüchte und Halbwahrheiten: Unbestätigte Informationen oder gezielte Verdrehungen verbreiten sich vor allem über soziale Medien.
  • Spaltung von innen: Interne Konflikte werden aufgegriffen oder verstärkt, um die Partei zu destabilisieren.

Diese Methoden wirken häufig effizient, weil sie emotional ansprechen, die rationale Auseinandersetzung mit Inhalten aber erschweren.

Fallbeispiel: De-Campaigning gegen dieBasis

Die basisdemokratische Partei Deutschland (dieBasis) ist ein Beispiel dafür, wie gezieltes De-Campaigning funktionieren kann. Die Partei wurde im Zuge der Corona-Krise gegründet und setzt auf basisdemokratische Mitbestimmung. Unabhängig von inhaltlichen Bewertungen lässt sich beobachten, wie sie systematisch diskreditiert wird:

  • Labeling als „Querdenker-Partei“ oder „Aluhut-Partei“, um eine sachliche Auseinandersetzung mit ihren Positionen zu verhindern.
  • Fokussierung auf einzelne radikale Mitglieder, um die Gesamtpartei ins Extrem zu rücken.
  • Diskreditierung durch Außenseiterstatus, da viele Mitglieder nicht aus dem etablierten Politikbetrieb stammen.
  • Satirische Darstellungen in sozialen Medien, die die Partei lächerlich machen.
  • Berichterstattung mit dem Tenor, die Partei sei ohnehin chancenlos, sodass eine Stimme für sie „verschwendet“ sei.

Solche Strategien führen dazu, dass sich potenzielle Unterstützer abwenden – nicht weil sie mit den Zielen der Partei nicht übereinstimmen, sondern weil sie öffentlich als „unwählbar“ markiert wurde. Das verzerrt den demokratischen Wettbewerb.

Risiken und Nebenwirkungen

Obwohl De-Campaigning kurzfristig effektiv erscheinen mag, birgt es langfristige Gefahren für die politische Kultur:

  • Verlust an Vertrauen: Die gezielte Schwächung von Parteien ohne Alternativen zu bieten, fördert Politikverdrossenheit.
  • Verrohung der Debatte: Wenn nur noch gegeneinander, nicht mehr über Inhalte gestritten wird, leidet die demokratische Streitkultur.
  • Bumerang-Effekt: Bürger erkennen zunehmend Manipulationsversuche – was den Effekt ins Gegenteil verkehren kann.

Fazit

De-Campaigning ist kein neues Phänomen, aber es gewinnt durch soziale Medien und fragmentierte Öffentlichkeiten zunehmend an Einfluss. Es ermöglicht eine subtile Meinungsmache, die nicht auf überzeugenden Inhalten, sondern auf strategischer Schwächung basiert. Besonders betroffen sind kleinere Parteien wie dieBasis, denen es oft an medialer Reichweite und festem Wählerstamm fehlt.

Wer Demokratie ernst nimmt, sollte wachsam bleiben: Geht es wirklich um Inhalte? Oder wird lediglich Stimmung gemacht, um unliebsame Mitbewerber kleinzuhalten? Eine gesunde Demokratie lebt vom Wettbewerb um die besten Ideen – nicht vom Ausschluss über Framing und Häme.


Quellenverzeichnis
  1. Esser, Frank / Pfetsch, Barbara (2004): Comparing Political Communication: Theories, Cases, and Challenges. Cambridge University Press
  2. Schweiger, Wolfgang (2017): Theorien der Mediennutzung. Springer VS
  3. Kepplinger, Hans Mathias (2008): Medienwirkungen. UVK Verlag
  4. Sunstein, Cass R. (2009): On Rumors: How Falsehoods Spread, Why We Believe Them, and What Can Be Done. Princeton University Press
  5. Reinemann, Carsten (2006): „Negative Campaigning in Deutschland: Eine Einführung“, in: Negative Campaigning in Deutschland, VS Verlag
  6. Offizielle Website der Basisdemokratischen Partei Deutschland
  7. Krämer, Benjamin (2018): „Populist Online Communication: Introduction to the Special Issue“. Studies in Communication | Media, 7(2), 131–138