Ein Gastbeitrag von Frank Bothmann
Die kommunale Selbstverwaltung ist im Grundgesetz garantiert
Den Kommunen in Deutschland wird nach Artikel 28 des Grundgesetzes ein Selbstverwaltungsrecht zugeordnet. In Absatz 2 heißt es darüber hinaus:
„Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung.“
Diese grundgesetzliche Regelung entspricht der föderalen und freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik und ist auch wesentliches Element der Subsidiarität. Das Subsidiaritätsprinzip besagt, dass (höhere) staatliche Institutionen nur dann (aber auch immer dann) regulativ eingreifen sollten, wenn die Möglichkeiten des Einzelnen, einer kleineren Gruppe oder niedrigeren Hierarchieebene allein nicht ausreichen, eine bestimmte Aufgabe zu lösen. Anders gesagt bedeutet dies, dass die Ebene der Regulierungskompetenz immer „so niedrig wie möglich und so hoch wie nötig“ angesiedelt sein sollte.

Extreme Verschuldung der Kommunen in NRW
In den letzten Jahrzehnten ist jedoch nahezu jede Kommune in NRW in finanzielle Schwierigkeiten gekommen. Eine insgesamt hohe Verschuldung ist entstanden, wodurch Haushaltssperren (Ausgabestopps), Haushaltssicherungskonzepte und massive Ausgabenkürzungen zum Alltag des Managements einer Kommune in NRW gehören. Über Jahre war in einigen Kommunen die Haushaltslage so prekär, dass laufende notwendige Zahlungen aus sogenannten „Kassenkrediten“ bedient werden mussten. Aus der Sicht einer Privatperson ist dies vergleichbar mit einem Überziehungs- oder Dispokredit. Jeder weiß, dass auf diese Art von Krediten außergewöhnlich hohe Zinsen zu zahlen sind.
Diese Zins- und Zinseszinsbelastung ist eine der Ursachen für die chronische Unterfinanzierung der Kommunen in NRW.
Aufgabenerledigung ohne Gegenfinanzierung – Strukturelles Finanzchaos
Ein wesentlich größerer Beitrag zur Verschuldung der Kommunen ist jedoch die Übertragung von Aufgaben auf die kommunale Ebene durch Bundes- oder Landesgesetze – jedoch ohne eine entsprechend ausreichende Gegenfinanzierung anzubieten.
Die Stadt Gladbeck im Norden des Ruhrgebietes hat bislang als einzige hierzu mal Bilanz gezogen. Welche Aufgaben muss die Stadt übernehmen und welcher Betrag bleibt ungedeckt nach Abzug der Erstattungen von Bund oder Land?
Am Ende klafft in der Rechnung ein dickes Loch in Höhe von 572,3 Millionen Euro für den gesamten Zeitraum. Nach Auswertung der städtischen Finanzfachleute musste die Stadt Gladbeck in den 15 Jahren insgesamt 845,9 Millionen Euro etwa für Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung oder Kosten für Unterkünfte zahlen. Ein wesentlicher Kostentreiber ist die ungeregelte Migration von außerhalb der EU und die Aufnahme von über 1 Mio. Ukrainern in Deutschland. Demgegenüber standen direkte oder indirekte Erstattungen in Höhe von gerade einmal 273,6 Millionen Euro durch Bund und Land.
Die Stadt Gladbeck hat einen Jahreshaushalt (2024) von rd. 330 Mio. Euro und spricht hier zu Recht von nachhaltigen Finanzschäden durch nicht ausreichende Erstattung von Geldern durch Bund und Land.
Strukturell ist durch dieses Missverhältnis die o. g. staatliche und grundgesetzliche Ordnung nicht mehr gewährleistet. Um diese aufrechtzuerhalten, gilt grundsätzlich das Konnexitätsprinzip für öffentliche Haushalte. Das meint, dass der Verursacher bzw. die verantwortliche staatliche Ebene für die Kosten aufzukommen und durch Erstattungen und Bereitstellung notwendiger Mittel in den jeweiligen Haushaltsplänen zu sorgen hat. Gegen dieses verfassungsgemäße Gebot wird nun seit Jahren verstoßen.
Altschuldenregelung – Tropfen auf den heißen Schuldenberg
Seit Jahren wird über eine sogenannte „Altschuldenlösung“ debattiert. Es wurde sogar ein Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ gegründet. Der Titel ist schlecht gewählt, weil die Ursachenbenennung damit vollkommen vermieden wird. Er drückt aber die katastrophale Lage der Kommunen aus.
Nach vorläufigem Ende der Verhandlungen, die durch das Scheitern der Ampel-Regierung vorerst mit dem Bund offen geblieben sind, hat nun die Landesregierung NRW ihren Part zur „Altschuldenregelung“ beschlossen. In den aktuellen Lokalnachrichten wird nun berichtet, dass die Stadträte zähneknirschend beschließen, dieses Angebot anzunehmen.
Die Landesregierung wird ab 2025 jährlich 250 Millionen Euro zur Beseitigung der kommunalen Altschulden bereitstellen. Über die kommenden 30 Jahre sollen so 7,5 Milliarden Euro zusätzliche Finanzmittel des Landes in die Kommunen fließen.
Für die Stadt Bochum bedeutet diese Regelung, dass der Stadt ab Januar 2027 über den Zeitraum 30 Jahre 132,5 Mio. Euro abgenommen werden und damit jährliche Zinseinsparungen von 2,8 Mio. Euro. Dies ist ein absolut kleiner Tropfen auf den heißen Schuldenberg, der in Bochum 1,8 Mrd. Euro beträgt (das sind rd. 5.000,- Euro pro Bürger!).
Lösung nicht in Sicht – staatliche Ordnung gefährdet
In der Diskussion wird grundsätzlich das Ur-Problem, die Verletzung des Konnexitätsprinzips und damit ein Grundpfeiler demokratischer Ordnung, vermieden. Die ungeregelte Migration geht weiter, der Ukraine-Krieg wird weiter angeheizt und damit der Verbleib von Millionen Menschen in unseren Sozialsystemen, die hierzu keinen Beitrag geleistet haben. Weiterhin werden durch die Bundesregierung höhere Sozialleistungen versprochen.
Vielmehr wird dieser Prozess aktiv weitergeführt. Der Bund hat den Kommunen mit der sog. „Kommunalen Wärmeplanung“ eine neue Pflichtaufgabe zugeschustert. Für alle investiven Maßnahmen, die sich aus dieser Planung für die jeweilige Stadt und die Bürger ergeben, gibt es jedoch keinen einzigen Euro-Cent einer Gegenfinanzierung. Der gesamte finanzielle Aufwand aus dieser Planung kann in die Hunderte Millionen Euro gehen.
Das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen, nach dem Grundgesetz garantiert, steht also weiter faktisch zur Disposition.
Die Kommunen sind die Basis für eine funktionierende freiheitlich-demokratische Gesellschaft in Deutschland. Die Forderung von dieBasis ist deshalb, das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen zu achten und durch entsprechende bundes- und landespolitische und auch -gesetzliche Rahmensetzungen wiederherzustellen.
