Badeverbot in Düsseldorf – Vom menschlichen Urinstinkt, sich Regeln zu unterwerfen

Ein Gastbeitrag von Holger Gräf

In Düsseldorf wurde kürzlich eine neue Verordnung verabschiedet, die das Baden im Rhein verbietet – versehen mit einem Bußgeldkatalog. Wer sich nicht daran hält, soll künftig bis zu 1000 Euro zahlen.

Erstaunlich war weniger die Verordnung selbst als die breite Zustimmung, die sie auf Facebook fand. Die große Mehrheit, Düsseldorfer wie Nicht-Düsseldorfer, begrüßte das Verbot – manche forderten sogar noch härtere Strafen.

Aus freiheitlicher Perspektive drängt sich sofort die Frage auf: Welchen Sinn hat diese Regel überhaupt? Niemand wurde je gezwungen, im Rhein zu baden. Auf mögliche Gefahren wird seit Jahrzehnten hingewiesen, Schilder stehen an allen Uferabschnitten. Wer sich dennoch in den Fluss wagt, tut dies auf eigene Verantwortung und schadet damit niemandem außer sich selbst. Das Argument, ein Ertrinkender löse teure Rettungsaktionen aus, greift ebenfalls nicht, denn auch diese Kosten trägt der leichtsinnige Schwimmer. Für die Allgemeinheit bestand also nie eine Gefahr. Wer sich heute sicherer fühlt, war es gestern ebenso – schließlich musste niemand ins Wasser steigen.

badeverbot in düsseldorf

Umso mehr stellt sich die Frage, wie ein solches Verbot überhaupt politisch entstehen konnte – und warum so viele Menschen eine immer engere Reglementierung ihres Lebens nicht nur hinnehmen, sondern geradezu fordern. Es ist, als würde man mitten auf einer Landstraße eine Ampel aufstellen – ohne Kreuzung, ohne Übergang, völlig sinnlos. Doch sobald sie rot zeigt, halten alle Autos. Nicht weil es nötig wäre, sondern schlicht, weil die Regel existiert.

Warum akzeptieren Menschen Regeln, die keinerlei Nutzen haben? Warum verlangen sie sogar aktiv nach ihnen? Und ist das eigentlich wirklich so, oder Teil meiner einseitigen Sichtweise oder gewissermaßen „Betriebsblindheit“?

Eine mögliche Antwort liefert ein Experiment der Serie Mythbusters (Folge 222, ausgestrahlt 2014). Eigentlich wollte man nur überprüfen, ob die Boarding-Konzepte von Fluggesellschaften das Einsteigen beschleunigen oder verlangsamen. Dazu baute man den Innenraum eines Flugzeugs mit 173 Sitzen nach und ließ ebenso viele Freiwillige in verschiedenen Durchgängen einsteigen: mal nach Blöcken, mal nach Reihen, mal nach besonders komplizierten Mustern.

Das Ergebnis war verblüffend – und zugleich naheliegend: Ohne jede Vorgabe, also völlig frei, erreichten die Passagiere die kürzeste Boarding-Zeit. Sie organisierten sich selbst und waren deutlich schneller als bei allen regelbasierten Varianten.

Doch das eigentlich Überraschende war ein anderer Befund: Nach jedem Durchgang wurden die Freiwilligen nach ihrer Zufriedenheit gefragt. Und siehe da – das freie Boarding erhielt die mit Abstand schlechtesten Bewertungen, während gerade die strengsten und kompliziertesten Regelwerke die höchste Zustimmung fanden.

Offenbar sehnen sich Menschen nach Regeln – selbst dann, wenn sie objektiv schaden. Evolutionär betrachtet ist das nachvollziehbar: Der Mensch ist ein Herdentier. In der Steinzeit konnte nur überleben, wer sich in die Gruppe einfügte. Die Gemeinschaft bot Sicherheit – allerdings nur, wenn alle ihre Regeln befolgten. Dieses Verhalten ist uns bis heute tief eingeprägt.

Doch während Regeln einst das Überleben der Gruppe sicherten, dienen sie heute oft ideologischen oder politischen Zwecken – oder schlicht der Disziplinierung. Wer heute ein Badeverbot im Rhein allein deshalb begrüßt, weil es „eine Regel ist, an die sich alle halten müssen“, wird morgen wohl auch ein Verbot des Spaziergangs in der Mittagssonne befürworten. Denn wenn Sinnhaftigkeit kein Maßstab mehr ist, gibt es nichts, was man nicht verbieten könnte: Rauchen, Alkohol, Sonnenbaden, Bergsteigen, vielleicht irgendwann das Halten von Haustieren oder bestimmte Frisuren.

So kann man sich unmerklich in einem Staat wiederfinden, der kaum mehr Unterschiede zu autoritären Regimen wie Nordkorea aufweist.

DieBasis hat deshalb ihre Säule der Freiheit geschaffen, um dieser Entwicklung entschieden entgegenzutreten. Denn natürlich braucht jede Gesellschaft Regeln – aber ihre Grenze ist klar: Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo sie die Freiheit eines anderen verletzt. Genau dort, und nicht schon vorher. Sinnlose Regeln bloß deshalb zu befolgen, weil sie existieren, heißt nichts anderes, als der eigenen Freiheit ein Grab zu schaufeln.