Warum es sinnvoll ist, eine sogenannte „Kleinpartei“ zu wählen

von Holger Gräf

Vorweg sei gesagt, dass der Ausdruck „Kleinpartei“ irreführend ist. Zwar handelt es sich bei den allermeisten Kleinparteien tatsächlich um sehr kleine Parteien, also um Parteien mit nur sehr wenigen Mitgliedern, doch ist das durchaus nicht immer der Fall. dieBasis war beispielsweise zur Bundestagswahl 2021 schon über 30.000 Mitglieder stark (und damit die achtgrößte Partei Deutschlands), dennoch wurde und wird sie im Mainstream bis heute als Kleinpartei geführt.

Wenn man dazu rät, seine Stimme einer Kleinpartei zu geben, hört man häufig das Argument, diese Partei schaffe es doch sowieso nicht ins Parlament und somit sei die Stimme verschwendet. Dass diese Aussage in mehrfacher Hinsicht falsch und teilweise sogar gefährlich ist, soll hier einmal erläutert werden.

Zunächst einmal sei die Frage gestattet, was denn eine sinnvolle Alternative ist. Da gehen die Meinungen weit auseinander. Sie beginnen bei „gar nicht wählen“ und enden bei „das kleinere Übel wählen.“

Beginnen wir beim Nichtwählen. Es stellt sich für die Demokratie leider als fatal heraus, wenn sich eine ganze Wählergruppe, nämlich diejenigen, die mit der aktuellen Politik nicht einverstanden sind, in den Wahlergebnissen nicht niederschlägt. Es führt zwangsläufig zu einem Ungleichgewicht zugunsten derjenigen, die diese Politik (aus welchem Grund auch immer) gut finden. Nichtwähler werden bei den Wahlergebnissen nicht gezählt. 

Viele glauben fälschlicherweise, sie würden die Wahl in irgendeiner Form negativ beeinflussen oder eine Form der „Abwahl“ praktizieren. In Wirklichkeit gibt es aber gar kein negatives Stimmrecht und eine nicht abgegebene Stimme eines Unzufriedenen ist das größte Geschenk, das man der aktuellen Politik machen kann. Ebenso wenig stimmt das viel zitierte Märchen von der Unterschreitung einer Mindestbeteiligung, die zur Ungültigkeit der Wahl führen würde.

Wählt man hingegen eine Kleinpartei, wird die Stimme gezählt, und zwar als Gegenstimme zu den anderen Parteien. Man ist somit in der Lage, den Parteien, die durch abwechselnde Regierungsbeteiligungen zum derzeitigen politischen Desaster geführt haben, aktiv Stimmen wegzunehmen.

Mehr Informationen dazu auch im Beitrag Basis-Wissen für Nicht-Wähler.

Wissen muss man auch, dass eine Wahl zusätzlich einen finanziellen Aspekt beinhaltet. Erhält eine Kleinpartei bei einer Bundestagswahl über 0,5 % an Zweitstimmenanteilen, wird sie an der Parteienfinanzierung beteiligt und nimmt somit den großen Parteien Geld ab. Bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern, die jeweils am 8. Oktober 2023 stattfinden, gilt es übrigens einen Zweitstimmenanteil von mindestens 1 % zu erreichen.

Nicht zuletzt sind es genau diejenigen Parteien, über die man nichts in den Medien hört, die unser größtes Vertrauen genießen sollten. Zumindest wenn wir unterstellen, dass die Medien einer gewissen Programmatik folgen, zu der auch das Totschweigen einer unliebsamer Opposition gehört. Totschweigen wohlgemerkt, nicht negative Berichterstattung, welche letztendlich der gescholtenen Partei zugutekäme, sofern deren Wähler gar keine andere Form der Berichterstattung erwartet. Totgeschwiegen zu werden und gleichzeitig eine große, mitgliederstarke Partei zu sein, ist der beste Beweis dafür, dass man sich auf der richtigen Spur befindet.

Vergleichen wir beispielsweise dieBasis mit der AfD oder der lt. Sahra Wagenknecht möglicherweise zum Jahresende 2023 entstehenden, neuen „Wagenknecht-Partei“, fällt sofort auf, dass letzteren beiden die volle mediale Aufmerksamkeit zuteil wird. So wurde bereits die Gründungsversammlung der AfD mit großem Medienecho und allen großen Kameras begleitet. Die neue „Wagenknecht-Partei“ erhielt sogar bereits volle Aufmerksamkeit, obwohl deren Gründung noch gar nicht beschlossen ist. Das alles könnte man durchaus so werten, dass diese Parteien vom politischen System gewollt sind. Wohlgemerkt könnte. Man muss diesen Überlegungen nicht folgen. Würde man sie totschweigen, wären sie weg.

Doch was ist mit den Wählern die glauben, ihre Stimmen seien besser bei den bereits etablierten, also sich im Parlament befindlichen Parteien aufgehoben, die das „kleinere Übel“ darstellen? Dazu kann man eigentlich nur sagen, dass unsere politische Geschichte gezeigt hat, dass es definitiv kein kleineres Übel gibt. Es fällt schwer, sich in die Gedankenwelt eines politikverdrossenen Wählers hineinzuversetzen, der nun der CDU eine Chance geben will. Es gibt unter den etablierten Parteien keine echte Wahlalternative.

Der Satz „Die werden eh an der 5 % – Hürde scheitern“ birgt die Gefahr in sich, dass es genau so kommen wird. Es handelt sich um eine selbsterfüllende Prophezeiung, die nur eintritt, wenn sie von ausreichend vielen Menschen wie ein Mantra vorgetragen wird.

Was, wenn wir dieses Mantra allesamt einmal beiseite lassen würden? Das wäre wichtig, denn wenn die Vermutung stimmt, dass die AfD und die „Wagenknecht-Partei“ lediglich instrumentalisiert werden, um sich beispielsweise gegenseitig in der Opposition zu halten, ist dieBasis unsere einzige und letzte Hoffnung auf die Rückkehr von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Seien wir doch einmal ehrlich – die ÖDP, Tierschutzpartei und selbst die Freien Wähler sind doch viel zu klein, um sich bundesweit in 299 Wahlkreisen und 16 Ländern aufzustellen. Zudem haben sie alle mehr oder weniger die Fehlleistungen der jeweiligen Regierung der vergangenen drei Jahre mitgetragen, oder sich zumindest nicht offen dagegen gestellt. Das tat einzig und alleine nur dieBasis.

Abschließend noch ein kurzes Wort an jene Menschen, die glauben, die Wahlen würden gefälscht. Dazu muss man einfach wissen, dass die exakte Zahl der Wahlberechtigten in Deutschland im Vorfeld bekannt ist, und zwar heruntergerechnet bis zu jedem einzelnen Wahllokal. Somit ist es (eigentlich) völlig unmöglich, Stimmzettel einfach dazu zu mogeln. Es sei denn man weiß, wie viele Nichtwähler garantiert nicht ins Wahllokal kommen werden, weil sie das schon seit Jahren so gehalten haben. Für die kann man natürlich einfach Stimmzettel ausfüllen und auf diese Weise wäre Wahlmanipulation tatsächlich möglich.

Fazit

Es ergibt durchaus Sinn, seine Stimme einer Kleinpartei zu geben. Die Wahl der „üblichen Verdächtigen“ und die Wahlverweigerung führen hingegen mit 100-prozentiger Sicherheit zur Fortführung der aktuellen Politik – und das kann Stand heute eigentlich niemand mehr wollen.